Aikido-Formen - T'ai Chi Ch'uan (Yang-Stil) in Lübeck und klassisches Aikido

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Aikido-Formen

Aikido > Aikido-Lehrbuch

6.3

Kata (Form)

 

Viele Menschen glauben, das Leben würde durch Formen erstarren. In Wirklichkeit wird es durch sie erst möglich.
Daher ist Kata (Form) auch im Aikido notwendig, denn sie erhebt die handwerkliche Kunst (Jitsu) zum Weg (Do)!

6.3.1

Begriffsbestimmung

 

Unter Aiki-no-Kata (Form des Aikido) versteht man eine festgelegte Folge von Elementen, Techniken und Prinzipien des Aikido. Sie werden in vorgegebener Form praktiziert, wobei sich die Ausübenden unabhängig von ihrer Rolle (Nage oder Uke) gemeinsam um die Erreichung des Zieles bemühen.
Ziel der Kata ist es, den tiefen geistigen und philosophischen Inhalten des Aikido sichtbaren Ausdruck zu geben, die Entwicklung der Ausübenden durch die Erziehung von Körper und Geist im Sinne des Do (Weges) zu fördern und die konkreten Übungsteile des Aikido in der vom Begründer, O Sensei Morihei Ueshiba, festgelegten klassischen Form zu bewahren.

6.3.2

Bedeutung der Kata

 

Nimmt man den Begriff Do (Weg) wörtlich, so darf man ihn so verstehen, dass sich die Ausübenden auf einer Wanderschaft befinden, wie dies früher bei den Gesellen vieler Zünfte üblich war, nachdem sie ihr Handwerk bei einem Meister erlernt hatten. Ziel dieser Wanderjahre war es, sich unter Beachtung strenger Regeln in wechselnden Situationen und Lebensbereichen im Gebrauch der Werkzeuge zu üben, damit aus dem handwerklichen Tun eine meisterliche Kunst erwuchs. Sie war dann auch sichtbarer Ausdruck der inneren Einstellung und Persönlichkeit des Meisters.
Nun verläuft auch beim Aikido die Entwicklung vom Handwerk zur Kunst nicht immer geradlinig und ohne Störungen, weil insbesondere höher graduierte Aikidoka nur selten ständig unter Anleitung eines Meisters arbeiten können, der den rechten Weg aufzeigt und Abweichungen sofort korrigiert.
Es ist daher verständlich, dass gerade bei kreativen Aikidoka auch subjektive Erfahrungen und Vorstellungen in die Techniken einfließen. Dies kann der Entwicklung des Aikido als einer lebendigen Kunst durchaus förderlich sein, führt aber manchmal auch zur Veränderung der fundamentalen Elemente, Techniken und Prinzipien. Das von O Sensei Morihei Ueshiba geschaffene Aikido könnte dabei seine Identität verlieren. Dieser möglichen Fehlentwicklung, die nur bedauert werden könnte, wirken die Kata entgegen.
Auf seiner Suche nach Wahrheit und Erkenntnis braucht der Mensch Orientierungspunkte, die auf Dauer gültig und unverrückbar sind. Alle Kata des Aikido erfüllen diese Forderungen, wenn sie über Generationen hinweg richtig bewertet und unverändert praktiziert werden. Sie sind also Formen der Rückbesinnung, die es dem Ausübenden in jeder Phase seiner Entwicklung gestatten, den eigenen Standort zu bestimmen, die Richtigkeit der Bemühungen zu überprüfen und ggf. eine Neuorientierung vorzunehmen, das heißt, auf den wahren Weg zurückzukehren.
Der Mensch kann die unendlichen Dimensionen des Aikido niemals voll erfassen. Trotzdem müssen alle Ausübenden bemüht sein, immer tiefer in seine Geheimnisse einzudringen, unter anderem durch das ständige und ernsthafte Studium der Kata des Aikido.

6.3.3

Training der Kata

 

Mit schlechten Steinen kann man kein gutes Haus bauen! Diese Wahrheit gilt auch für das Training der Kata. Es ist daher unbedingt notwendig, die in der Kata enthaltenen Elemente, Techniken, Grundsätze und Schwerpunkte intensiv und ausdauernd über längere Zeit, jedoch in freier Form zu üben.
Erst wenn Nage und Uke die »Bausteine« sicher beherrschen, können sie in die vorgeschriebene Form gebracht werden. Diese Aufgabe ist stufenweise zu vollziehen. Zunächst werden einzelne Techniken miteinander verbunden, so dass Teile oder Gruppen der Kata entstehen. Dann folgt ihre Zusammenfassung zur »Grobform«. Darunter versteht man das Üben aller Techniken der Kata in der richtigen Reihenfolge und mit den vorgeschriebenen Verbindungen, jedoch unter Vernachlässigung kleinerer Haltungs- und Ausführungsfehler.
Die Hinweise und Korrekturen des Lehrers müssen sich dabei auf das unumgänglich notwendige Maß beschränken und sollten dem Aufnahmevermögen der Schüler entsprechen, denn sonst tritt eine Überforderung ein, das motivierende Erfolgserlebnis bleibt aus und der Schüler verliert über lange Zeit die Freude am Kata-Training.
Die Erarbeitung der »Feinform« ist nur im Einzelunterricht möglich. Dies bedeutet, dass jedem Paar ständig ein Lehrer zur Verfügung stehen muss, der jeden Mangel sofort benennt, während die Ausübenden ohne Unterbrechung in ihrem Vortrag fortfahren. Dies ist möglich, weil die Bewegungsabläufe der Kata bereits fester Besitz des Unterbewusstseins geworden sind und auch unter äußerer Beeinflussung (Ablenkung durch die Korrektur) noch sicher vorgetragen werden können.
Am Schluss jeder Kata erfolgt eine zusammenfassende Besprechung und – so weit Fehler ständig wiederkehren – das Üben einzelner Elemente, Techniken, Verbindungen oder Gruppen.
Die Demonstration der Kata vor Zuschauern oder bei einer Dan-Prüfung ist in der Regel der Höhepunkt des intensiven Trainings und die erste Bewährung. Sie fördert die innere Stabilität der Ausübenden erheblich.
Da Wertvolles nur mit Mühe erworben wird, sollte man es auch bewahren! Jeder fortgeschrittene Aikidoka muss daher bestrebt sein, die erlernten Kata durch ständiges Üben zu verbessern, wie dies nach der im Bereich der Aikido-Union Deutschland e.V. gültigen Prüfungsordnung für Aikido-Dan-Grade auch vorgeschrieben ist, denn sie können bei der Prüfung zu höheren Graden wieder abgefordert werden.
Eine Kontrolle durch den Lehrer ist auch in dieser Phase des weiterführenden Vollzuges notwendig und nützlich.
Erst bei Beachtung aller Forderungen wird das Kata-Training zur dynamischen Meditation. Durch die ständige Wiederholung dringt der Ausübende tief in das Wesen des Aikido ein, wobei Geist und Körper gleichermaßen entspannt werden. Er geht selbstlos im Tun auf, verliert das bewusste Gefühl für Raum und Zeit, vergisst die Belastungen des Alltags und regeneriert seine Kräfte. Kata ist für den stressgeplagten Menschen unserer Zeit daher eine besonders wertvolle Übung.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

6.3.4

Inhalte und Bedeutungen der Kata

 

Es ist an dieser Stelle unmöglich, alle Techniken und Bewegungsabläufe der im Bereich der Fachverbände praktizierten Kata zu beschreiben. Aus diesem Grunde werden Inhalt und Bedeutung exemplarischer Formen nur kurz vorgestellt.

6.3.4.1 Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Stand



Beschreibung der Kata
Die Kata enthält alle Bodentechniken (Katame-Waza) in der ursprünglichen Reihenfolge (1. bis 5. Stufe), die eine Festlegung des Angreifers nach erfolgter Abwehr zulassen. Zwei Wurftechniken (Nage-Waza), die dies ebenfalls ermöglichen (Shiho-Nage und Kote-Gaeshi) wurden vor einiger Zeit entfernt und in die »Form der Nage-Waza sowie der Synthese ihrer Prinzipien im Stand« übernommen.

Bedeutung der Kata
Durch die Pflege der »Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Stand« sollen wesentliche technische Inhalte des Aikido in ihrer klassischen Form bewahrt und in das Bewusstsein der Ausübenden zurückgerufen werden.
Die Kata hat aber auch einen großen erzieherischen Wert, denn sie enthält bedeutende Ausbildungsschwerpunkte. Insbesondere werden die Körperhaltung, die Bewegung (Sabaki), der Gebrauch des Körperzentrums (Hara), das Gefühl für die Distanz (Ma-ai) und den rechten Zeitpunkt sowie die klare Unterscheidung der Prinzipien (Irimi und Tenkan) positiv gefördert. Dies ist für die Gesamtentwicklung aller Aikidoka sehr wichtig.
Die meisterlich vorgetragene erste Form der Aikido-Prinzipien im Stand hat zudem einen hohen Aussagewert. Fachleute und Laien sind bei ihrem Vortrag gleichermaßen beeindruckt durch die einfachen und natürlichen Techniken sowie die klare Trennung der Prinzipien. Die humane, aber effektive Abwehr der Schläge und die abschließende Neutralisation des Angreifers machen wesentliche geistige Inhalte des Aikido deutlich.
Die erste Kata sollte von allen Aikidoka ab zweitem Kyu (blauer Gürtel) eifrig geübt werden; sie gehört zum Prüfungsprogramm des ersten Dan-(Meister-)Grades.

6.3.4.2 Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Kniesitz

Beschreibung der Kata
Der Inhalt dieser Kata stimmt mit der »Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Stand« überein. Es wird folglich auf entsprechende Tabelle verwiesen.

Bedeutung der Kata
Für die »Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Kniesitz« gelten die in Abschnitt 6.3.4.1 getroffenen Festlegungen uneingeschränkt. Die auch in dieser Kata enthaltenen Bodentechniken (Katame-Waza) und Angriffe lassen sich nur dann in geschmeidiger Form (Ju-no-Geiko) praktizieren, wenn Nage und Uke im Kniegehen (Shikko) geübt sind. Diese Art der Bewegung ist für Europäer zwar ungewohnt und schwierig, jedoch von großem Nutzen, da sie das Hüftgelenk beweglich macht und den Einsatz des Körperzentrums (Hara) fördert.
Da Nage und Uke keine Möglichkeit der Improvisation haben, führt jeder Fehler unweigerlich zum Verlust des Gleichgewichts und wird sofort sichtbar. Die Ausführenden müssen sich beim Studium dieser Kata daher um jedes Detail bemühen und erkennen, dass echter Fortschritt in der Pflege und Förderung des Einfachen begründet liegt.
Das Studium der »Form der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Kniesitz« wird allen Aikidoka ab erstem Meistergrad (Dan) empfohlen, da sie das Körperzentrum (Hara) stärkt, den Gleichgewichtssinn entwickelt und ein sicheres Gefühl für die ideale Distanz (Ma-ai) sowie den rechten Zeitpunkt vermittelt. Dies gilt besonders für alle ausweichenden Drehbewegungen (Tenkan), die optimal zentriert sein müssen.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Ausführung und Wirksamkeit aller Techniken des Aikido durch wiederholtes Üben dieser Kata verbessert werden. Ihre fehlerfreie Demonstration begeistert insbesondere den Kenner, da die Prinzipien und Inhalte des Aikido hier klar zum Ausdruck kommen. Diese Kata gehört zum Prüfungsprogramm des zweiten Dan-Aikido und kann von den Aikidoka ab erstem Kyu (brauner Gürtel) trainiert werden.

6.3.4.3 Form der Nage-Waza sowie der Synthese ihrer Prinzipien im Stand



Beschreibung der Kata
Die Form der »Nage-Waza sowie der Synthese ihrer Prinzipien im Stand« umfasst insgesamt 7 für das Aikido repräsentative Standtechniken (Nage-Waza), die - immer beidseitig - zunächst im Prinzip »Irimi«, dann im Prinzip »Tenkan« und abschließend in der Synthese beider Prinzipien demonstriert werden müssen. Unter dem Begriff der Synthese ist in dieser Form ein »ausweichender Eingang« (Tenkan) und nach dem flüssigen Wechsel eine positive Endausführung (Irimi) zu verstehen.
Im Sinne der »Erinnerung an die Wurzeln« ist in der ersten Gruppe ein wichtiges Element der Grundschule vorzuführen, nämlich Katate-tori Kokyu-ho (in den unterschiedlichen Varianten auch Irimi-ho oder Tenkan-ho genannt). Diese »Vorübung« zur Vermittlung des inneren Einganges (Irimi) und äußeren Ausweichens (Tenkan) ist eine wesentliche Grundlage zur Erkennung, Verinnerlichung und automatisierten Anwendung der fundamentalen Aikido-Prinzipien in allen Stand- und Bodentechniken.
Folgerichtig endet die Form mit dem Tenchi-Nage (Himmel- und Erdewurf), einer Standtechnik, die dadurch charakterisiert werden kann, dass der Verteidiger (Nage) mit seinem stabilen Zentrum (Hara) den Himmel (Yang) und die Erde (Yin) bzw. die beiden Prinzipien Irimi und Tenkan verbindet. Dies symbolisiert, dass sich die fundamentalen kosmischen Kräfte (Pole) nicht ausschließen, sondern im Sinne einer höheren Ordnung ergänzen.

Bedeutung der Kata
Der Anwärter auf den dritten Meistergrad befindet sich in der Regel mindestens 12 Jahre auf dem Weg des Aiki. In dieser Zeit hat er die grundlegenden Stand- und Bodentechniken studiert, ihre Anwendung gegen Angriffe mit dem Stab (Bo) und Messer (Tanto) erforscht und sich im freien Angreifen zweier Partner (Jiyu-Waza) geübt. Gleichzeitig wurden die bei der Prüfung zum ersten und zweiten Dan vorgeschriebenen »Formen der Katame-Waza und ihrer Prinzipien im Stand und im Kniesitz« vertieft.
Bei diesem oft zielorientierten Streben werden die Standtechniken (Nage-Waza) manchmal vernachlässigt. Dies hätte fatale Folgen für die Gesamtentwicklung des Aikidoka in technischer und persönlicher Hinsicht, weil das Fundament schon bald »bröckeln« würde.
Es war folglich nützlich und geboten, alle Anwärter auf den dritten Meistergrad in dem wichtigen Prüfungsfach »Aiki-no-Kata« an die Bedeutung der Basis zu erinnern und sie zu zwingen, repräsentative Standtechniken (Nage-Waza) bei klarer Abgrenzung der Prinzipien auf hohem Niveau zu üben.
Da die Form der »Nage-Waza sowie der Synthese ihrer Prinzipien im Stand« wegen ihres technischen Inhaltes und ihrer symbolischen Aussage sehr anspruchsvoll ist, kann sie den an einen dritten Dan zu stellenden Anforderungen nur dann genügen, wenn sie von den Vorführenden in einem hohen Maße verinnerlicht wurde. Dies bedingt ein mehrjähriges, ausdauerndes und konzentriertes Studium.

6.3.4.4 Form der Nage- und Katame-Waza zur Abwehr bewaffneter Angreifer (Form der Evolution des Aikidoka)



Beschreibung der Kata
Wahl und Anordnung der Gruppen und Techniken dieser Kata zeigen die Einheit in der Vielfältigkeit auf. Da die gleichen Verteidigungstechniken (Nage- und Katame-Waza) in den Gruppen gegen Angriffe mit der leeren Hand und mit verschiedenen Waffen eingesetzt werden, wird die Universalität des Aikido besonders deutlich.
Die Kata ist aber auch eine symbolhafte Darstellung des Weges aller Aikidoka im technischen Bereich, weil ihre Gruppen den Ausbildungsschwerpunkten des ersten bis vierten Dan-Grades (ohne Waffen, Stab, Messer und Schwert) entsprechen. Die »Form der Nage- und Katame-Waza zur Abwehr bewaffneter Angreifer« stellt besondere Anforderungen an die Ausübungen und sollte nicht vor dem Erreichen des zweiten Dan vermittelt beziehungsweise praktiziert werden.

Bedeutung der Kata
Die effektive Anwendung von Aikido-Techniken gegen Angriffe mit Waffen ist nur möglich, wenn Nage die Grundschule gut beherrscht und ständig verbessert. Die wechselnden Distanzen (Ma-ai), die sich aus der jeweiligen Art des Angriffs und der Waffe ergeben, erfordern ein hohes Maß an Flexibilität. Die Gefährlichkeit der Angriffe, die unterschiedlichen Formen der Bewegung (Sabaki) und die komplizierten verbindenden Elemente zwingen zur ausdauernden Konzentration.
Körperhaltung, Bewegung und Technik machen Nages geistige Kraft (Ki) sichtbar. Nur wenn er sich seelisch und körperlich in der rechten Mitte befindet, wird er jene innere Gelassenheit und äußere Bereitschaft erkennen lassen, die den Meister auszeichnet.
Die von Uke im gefährlichen Angriff demonstrierte böse Entschlossenheit und das souveräne Handeln des unbewaffneten Verteidigers machen die Aufhebung der Gegensätze und damit ein fundamentales Prinzip des Aikido deutlich. Diese Form der Abwehr bewaffneter Angreifer wird auch von Laien begeistert aufgenommen. Sie ist daher ein hervorragendes Werbemittel für Aikido. Trotz der scheinbar spektakulären Inhalte handelt es sich jedoch um eine stille Form, die von den Ausübenden ein hohes Maß an Hingabebereitschaft und Selbstlosigkeit verlangt. Gerade in dieser Kata drückt sich die Meisterschaft in der Liebe zum Detail aus; die einfachen Techniken sind Ausdruck der positiven inneren Einstellung zum Aikido.
Wer die Form der Abwehr bewaffneter Angreifer pflegt, dient dem Aikido und findet sich selbst in hohem Maße gefördert. Sie gehört zum Prüfungsprogramm des vierten Dan Aikido.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

6.3.5

Beurteilung der Kata

 

Die Beurteilung des technischen Inhaltes einer Kata ist in der Regel problemlos, wenn die Prüfer dem Vortrag aufmerksam folgen und über gediegene Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Schwieriger ist allerdings die Bewertung des Ausdrucks, da hier Beurteilungskriterien einfließen, die zum Teil auf subjektiven Vorstellungen und Erwartungen basieren. Darüber sollte man aber nicht streiten, denn die Erfahrung lehrt, dass es unter autorisierten Fachleuten nur innerhalb vertretbarer Toleranzen zu differenzierten Bewertungen kommt, und dies auch nur im Bereich der mittleren Noten. Über gute oder mangelhafte Leistungen hat es bisher noch nie abweichende Auffassungen gegeben. Zudem ist durch den Einsatz von drei Prüfern der Ausgleich von Meinungsunterschieden, falls sie einmal auftreten sollten, gewährleistet. Dies mag alle Aikidoka beruhigen, die sich einem Prüfungsverfahren unterwerfen. So zeigen sich die von nicht ausreichenden Noten betroffenen Anwärter meist auch einsichtig, zumal sie gerade bei Prüfungen mit mehreren Teilnehmern eine Möglichkeit des direkten Vergleichs haben. Ausnahmen bestätigen allerdings auch hier die Regel – und das Urteil der Prüfer!
Bei der Demonstration einer Kata als Prüfungsaufgabe sind insbesondere zu bewerten:

  • Beherrschung aller vorgeschriebenen Elemente und Techniken in klassischer Ausführung und festgelegter Form;

  • Abgrenzung und Darstellung der bedeutenden Prinzipien (Irimi und Tenkan);

  • Aufhebung der Gegensätze von Angriff und Verteidigung durch Harmonie (Ai) zwischen Nage und Uke;

  • Ausstrahlung durch dynamische aber gewaltlose Aikido-Techniken (körperlich) sowie innere Gelassenheit und Emotionslosigkeit (geistig);

  • Effektivität der Angriffs- und Verteidigungstechniken unter dem Aspekt der Selbstverteidigung;

  • Rhythmus und Ausdruck der Kata sowie »Timing« bei Ausführung der Techniken.

6.3.6

Zusammenfassung

 

Aikido wird von Menschen praktiziert und durch sie interpretiert; es ist daher eine lebendige Kunst. Menschen können irren, auch wenn sie im guten Glauben handeln. Eine Abweichung vom wahren Weg (Do) des Aiki wäre die Folge. Schon aus diesem Grunde kann es über die Bedeutung der Kata keine geteilten Ansichten geben. Ihre Erforschung ist aber auch für alle Ausübenden von großem Nutzen und Ausdruck ihrer freiwilligen Bindung an das klassische Aikido und seinen Begründer. Indem sie sich mit den Elementen, Techniken und Prinzipien der Kata identifizieren, erhalten die Aikidoka einen tiefen Einblick in das Wesen des harmonischen Weges. Dies führt zur Selbstfindung und Bewusstseinserweiterung und letztlich zur Erleuchtung (Satori).
Abschließend sei jedoch vermerkt, dass Kata nicht in allen Aikido-Organisationen bzw. -Stilrichtungen vermittelt und geprüft werden.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Weiter zum  Kapitel "Besondere Übungsformen"

Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü