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Einfachheit ist das
Resultat der Reife!
Friedrich von Schiller
Auch unter den Aikidoka (Ausübende) gibt es "Sammler", die der festen Überzeugung sind, dass die meisterliche Reife eine Funktion der Menge ist. Folglich sammeln sie immer neue Techniken aus den inzwischen zahlreich angebotenen Aikido-Stilen oder gleichzeitig Grade in verschiedenen Budo-Disziplinen. Gern informieren sie die Mitmenschen auch über ihre Vielseitigkeit und das damit im Zusammenhang stehende "Wissen und Können".
Diese Aikidoka glauben etwas zu besitzen, was nur in ihrer Vorstellung existiert. In Wirklichkeit bringt es ihnen keinen Nutzen!
Würde man die exemplarisch dargelegte Auffassung der "Sammler" vom Zusammenhang zwischen ihrer persönlichen Reife und der Anzahl der Systeme oder Techniken graphisch darstellen, ergäbe sich ein auf die Spitze gestelltes Dreieck. Jedem Betrachter würde sofort einleuchten, dass dies eine nach oben gerichtete geometrische Figur von fehlender Basis bzw. "Bodenhaftung" und folglich auch von geringer Stabilität ist. In der Tat trifft dieser bildhafte Vergleich zu!
Die meist von einem übersteigerten Ego ausgehende Motivation der "Sammler" und die oft respektheischend nach außen getragene Überzeugung vom eigenen Können führt immer zum Verlust an persönlicher Substanz. Der wahre Wert eines Meisters wird durch das bestimmt, was er ist und nicht durch das, was er zu sein glaubt. Die Meisterschaft ist auch keine Frage der Gürtelfarben, denn ein wahrer Meister wird von den Schülern und den anderen Meistern auch ohne äußere Rangabzeichen als solcher erkannt und respektiert!
Haben Sie schon einmal bewusst die unendlichen Varianten von Eiskristallen auf einer Fensterscheibe betrachtet, die nur aus Wasser bestehen? Die Welt mit ihren unzähligen und wunderbaren Erscheinungsformen besteht ebenfalls nur aus Elementen, die wiederum aus wenigen Bausteinen zusammengesetzt sind.
Hier wird uns in natürlicher Weise offenbart, dass Vollkommenheit keine Frage der Quantität ist. Das Wahre und Schöne ist im Einfachen begründet!
Sicher reicht unser begrenztes Leben nicht aus, um beispielsweise alle geistigen und philosophischen Aspekte sowie die technischen Inhalte des Aikido auszuloten. Man kann daher immer nur wenige Elemente, Techniken oder Prinzipien erforschen und wird nichts vollkommen beherrschen.
Ein breites (oberflächliches) Wissen kann die tiefe (verinnerlichte) Erfahrung und die damit immer verbundene persönliche Reifung im Sinne des Weges nicht ersetzen.
Es ist daher besser, die Meisterschaft durch das beharrliche Studium eines Weges (Do) anzustreben, als ein Lehrling in vielen Disziplinen zu bleiben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung, dass Schülergrade in mehreren Budo für sich allein keinen Meistergrad begründen können.
Allen Aikidoka empfehle ich daher, sich um die Erforschung und Vermittlung des Einfachen zu bemühen und Suchende auf einem bevorzugten Weg zu bleiben. Die Überzeugung, dass man den Idealen und der Vollkommenheit zwar näher kommen, sie aber nie erreichen kann, sollte den Idealismus und den Eifer nicht einschränken. Das Bemühen um die Erfüllung dieser Forderung führt zur Bescheidenheit und die ist eine meisterliche Tugend!
© Rolf Brand, 8. Dan Aikido
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