Aikido-Prüfungen - T'ai Chi Ch'uan (Yang-Stil) in Lübeck und klassisches Aikido

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Aikido-Prüfungen

Aikido > Aikido-Lehrbuch

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Prüfungen im Aikido

 

Im Aikido ist eine Prüfung nicht das Ende der Ausbildung, sondern gesicherter Ausgangspunkt für das weitere Studium des Weges. Wer alle Grade durchlaufen hat, kehrt zum Ursprung zurück; der Kreis ist geschlossen.

10.1

Zur Problematik der Prüfungen

 

Entsprechend dem Willen des Begründers, O Sensei Morihei Ueshiba, wird im Aikido jede Form des Kampfes als Mittel zur Konfliktlösung oder Leistungsbewertung kategorisch und ohne Einschränkung abgelehnt. Die Ausübenden sind beim Studium der technischen Inhalte des Aikido daher zur Kooperation gezwungen, denn es gibt, abgesehen von der Gymnastik und einigen Vorübungen, keine Lernformen ohne Partner. Dies bedeutet, dass sich mindestens zwei Menschen gemeinsam um die Erreichung des Zieles bemühen müssen; sie sind auf gegenseitige Unterstützung angewiesen.
Bei konsequenter Anwendung dieses Grundsatzes verbietet sich eigentlich auch eine Durchführung von Prüfungen, denn es kann sich dabei um eine versteckte Form des Wettbewerbs handeln, die nach - wenn auch noch so verfeinerten - Regeln des Kampfes durchgeführt wird. Hier setzen denn auch die Vertreter der »reinen Lehre« mit ihrer Kritik an. Sie fordern, im Aikido auf die Durchführung von Prüfungen zu verzichten, weil Prüfungen die Beteiligten zur Rivalität zwingen und zu einer leistungsorientierten Hierarchie führen. Es gibt jedoch gute Gründe für die Abhaltung von Prüfungen:
Die Prüfungsordnungen für Schüler-(Kyu-) und Meister-(Dan-) Grade werden durch die Technischen Kommissionen nationaler bzw. internationaler Fachverbände geschaffen und in Übereinstimmung mit der Entwicklung des Aikido ständig verbessert. Sie sind folglich vom Können und von der Erfahrung vieler ranghoher Aikido-Meister getragen. Die Prüfungsordnungen werden im gesamten Geltungsbereich auch als Stoffpläne für den gradbezogenen Unterricht verwendet. Sie sind folglich Leitlinien für jeden Lehrer und sichern die einheitliche Ausbildung sowie den Fortschritt aller Aikidoka.
Da das Programm für jeden Grad in sich abgeschlossen ist, entstehen zwangsläufig überschaubare Ausbildungsabschnitte, die dem Prinzip des »Stufe um Stufe« entsprechen. Wie beim Bau eines Hauses ist es auch im Aikido erforderlich, zunächst ein solides Fundament zu schaffen. Es wäre beispielsweise falsch, einem Schüler, der die Elemente und Grundtechniken des Aikido (Nage- und Katame-Waza) noch nicht beherrscht, Abwehrtechniken gegen Angriffe mit dem Messer vermitteln zu wollen. Diese Feststellung schließt natürlich nicht aus, dass Aikidoka aller Grade miteinander trainieren, jedoch muss sich der Fortgeschrittene seinem Partner dann besonders rücksichtsvoll zuwenden. Jede Überforderung gefährdet den Ausbildungserfolg und ist mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. Der Betroffene gibt die für ihn nutzlosen Anstrengungen dann meist auf und wendet sich vom Aikido ab, was für den einzelnen und die Gemeinschaft der Aikidoka gleichermaßen nachteilig ist.
Aus den genannten Gründen und wegen der immer begrenzten Mattenkapazität ist es besonders in großen Verbänden unvermeidbar, bei Lehrgängen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene eine gradbezogene Teilnehmerbegrenzung vorzunehmen. Andernfalls wären die jungen Aikidoka überfordert, und die bei höheren Graden zu fordernden Ausbildungs- und Prüfungsinhalte könnten nicht auf breiter Basis und mit der gebotenen Intensität vermittelt werden. Dies würde den Ausbildungsauftrag ranghoher Lehrer und die Entwicklung des Aikido gleichermaßen einschränken.
Da die in den Lehrgängen geschulten Meister und Übungsleiter ihre Erfahrungen an die eigenen Schüler weitergeben, garantiert das beschriebene Verfahren die Einheitlichkeit der Lehre und Technik des Aikido ebenso, wie den wirksamen Einsatz der vorhandenen finanziellen Mittel.
Die Befürworter der Prüfungen sehen in ihnen auch wichtige Orientierungspunkte in Richtung auf das entfernte Ziel.
Es entspricht im Aikido einer guten Sitte, dass der Meister bzw. Übungsleiter seinem Schüler die Teilnahme an der nächsten Prüfung empfiehlt. Dieses Verfahren entbindet den Betroffenen von eigenen Überlegungen, die sich bei falscher innerer Einstellung oder fehlendem Vermögen zur objektiven Selbstbeurteilung nachteilig auswirken können, und ist Ausdruck für das zwischen dem Lehrer und seinem Schüler bestehende Vertrauen. Falls der Ausübende dem Wunsch seines Lehrers folgt, wird ihm von autorisierten Meistern bestätigt, dass er sich auf dem richtigen Weg befindet und das nächste Teilziel erreicht hat. Er kann folglich von Zweifeln befreit in seinen Bemühungen fortfahren und den langen Weg (Do) weiter erforschen. Gegebenenfalls erhält der Aikidoka auch Hinweise und Korrekturen, die für seine weitere Entwicklung nützlich sind.
Der moderne Mensch lebt in einer Leistungsgesellschaft und ist einem ständigen Druck ausgesetzt, der zur körperlichen und geistig-seelischen Verkrampfung führen kann. Bei den ersten Graden ist dieser Umstand manchmal auch in der Prüfungssituation gegeben. Der Aikidoka kann hier also feststellen, ob und inwieweit er unter äußerer Belastung noch intuitiv, gelöst und sicher reagiert. Das Ergebnis lässt sich auf die reale Selbstverteidigungssituation übertragen und erlaubt die richtige Einschätzung der eigenen Möglichkeiten. Dadurch werden verhängnisvolle Fehlreaktionen im Ernstfall ausgeschlossen. Die bei den Prüfungen vergebenen farbigen Gürtel sind keine Leistungsabzeichen. Sie sollen dem - fremden - Partner und Lehrer lediglich signalisieren, wo man steht. So werden Missverständnisse ausgeschlossen, und es entfällt das ständige Forschen nach dem Vermögen des unbekannten Partners oder Schülers.
Die Gürtel fördern bei Lehrgängen auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit aller Aikidoka. Dadurch werden trennende Schranken überwunden, und die Menschen entdecken ihre Gemeinsamkeiten schneller; neue Bindungen entstehen. Dies entspricht einem wesentlichen Ziel des Aikido.
Bei sachgerechter Durchführung von Aikido-Prüfungen, objektiver Bewertung der Techniken und vertraulicher Behandlung aller Noten können sich die eingangs aufgezeigten negativen Begleiterscheinungen nicht einstellen.
So haben die Erfahrungen auch bewiesen, dass die mit der Durchführung von Aikido-Prüfungen verbundenen Vorteile überwiegen. Insbesondere motivieren sie die Ausübenden, stärken ihr Selbstvertrauen, vermeiden Fehlentwicklungen und fördern Freundschaften durch gemeinsame Arbeit. Deshalb werden Schüler-(Kyu-) und Meister(Dan-) Prüfungen weltweit von den Aikido-Organisationen durchgeführt. In einzelnen Verbänden nehmen die Schüler zwar regelmäßig an Kyu-Prüfungen teil, verzichten dann jedoch auf das Tragen der farbigen Gürtel, um die subjektiv empfundene Bedeutungslosigkeit der Grade zu unterstreichen. Dies offenbart jedoch keine konsequente Einstellung zum Problem.
Die Verfahrens- und Prüfungsordnungen der Aikido-Verbände unterscheiden sich zum Teil erheblich, was natürlich Einfluss auf die Qualität der vergebenen Grade haben kann. Da jedoch jeder Aikidoka seinen Weg selbst gehen muss, sind Vergleiche auch hier unangebracht. Der aufgezeigte Umstand ist insofern nur von methodisch-didaktischer Bedeutung.

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10.2

Schülergrade (6. bis 1. Kyu)

 

Bedenke, dass viele Aikido-Schüler auf anderen Gebieten bereits Meister sind. Behandle sie daher alle mit Achtung und Respekt, wie dies unter Meistern gute Sitte ist!

 

Im Aikido werden Schüler-(Kyu-)Grade gemäß nachstehender Übersicht vergeben:


Für die Vergabe von Kyu-(Schüler-)Graden sind die nationalen Aikido-Verbände zuständig. Sie legen den Prüfungsumfang fest, regeln das Verfahren durch Herausgabe entsprechender Ordnungen und beauftragen lizenzierte Aikido-Meister mit Durchführung der von den Mitgliedsvereinen nach Bedarf ausgerichteten Kyu-Prüfungen.
Die Teilnahme an einer Kyu-Prüfung ist nur möglich, wenn die festgelegte Vorbereitungszeit von 6 Monaten intensiv genutzt wurde und der zuständige Verein (Lehrer) sein Einverständnis schriftlich erklärt hat. Mit dem Genehmigungsvermerk wird bestätigt, dass der allgemeine Trainingsfleiß, die technische Leistung und das allgemeine Verhalten des Aikidoka eine Graduierung rechtfertigen.
Jeder Prüfung ab 4. Kyu (orangener Gürtel) geht das Fach »Überprüfung« voraus. Hier wird festgestellt, ob der Anwärter die technischen Inhalte der bereits erworbenen Grade entsprechend den steigenden Anforderungen beherrscht. Ist dies nicht der Fall, wird die Prüfung abgebrochen und gilt als nicht bestanden.
Diese auch bei den Dan-Graden vorgeschriebene »Rückkopplung« garantiert bei steigendem Niveau eine kontinuierliche Verstärkung der Basis, denn der Aikidoka darf den einzelnen Grad nicht isoliert betrachten, sondern muss ihn als ergänzenden Abschnitt des ganzen Systems bewerten. Jeder Ausübende ist folglich unabhängig von seinem Grad gezwungen, die Elemente und Grundtechniken des Aikido ständig zu verbessern. Diese »Rückkehr zu den Quellen« fördert seine positiven Charaktereigenschaften ebenso wie die Geschlossenheit seiner technischen Entwicklung.
Erbringt ein Aikidoka in allen Fächern und bei allen Prüfern gute Leistungen, kann er auf Wunsch sofort zum nächsten Grad geprüft werden, jedoch ist das Überspringen weiterer Grade dann unzulässig. Durch diese Regelung erhalten fleißige Aikidoka eine Chance der leistungsgerechten Bewertung und verkürzen die für jeden Grad erforderliche Vorbereitungszeit von 6 Monaten indirekt um die Hälfte. Bei Meistergraden ist diese Regelung nicht möglich.
Selbstverständlich ist streng darauf zu achten, dass die Prüfungen und Grade nicht zu Zwecken des Leistungsvergleiches missbraucht werden. Es verbietet sich daher eine Bekanntgabe der von den Aikidoka erreichten Punkte.
Die lizenzierten Prüfer sind berechtigt, den 5. und 4. Kyu auch ohne formelle Prüfung zu verleihen, wenn Haltung und Leistung des Aikidoka diese Maßnahme rechtfertigen.
Die quantitativen und qualitativen Anforderungen bei Kyu-Prüfungen können den nachstehend aufgeführten Übersichten entnommen werden. Sie entsprechen der vom Verfasser entwickelten Prüfungsordnung, die in einigen Bundesverbänden verbindlich eingeführt wurde.



Die Bewertungskriterien sind bei Kyu-Prüfungen natürlich in Abhängigkeit vom Grad des Ausübenden zu relativieren. Wird zum Beispiel der Shiho-Nage (Schwertwurf) eines Anwärters auf den 5. Kyu mit »gut« beurteilt, so kann diese von einem 2. Kyu in gleicher Ausführung demonstrierte Technik keine ausreichende Punktzahl mehr erbringen.
Die Abstufung ist auch gerecht, wenn man bedenkt, dass sich ein 5. Kyu etwa 6 Monate und ein 2. Kyu etwa 24 Monate »auf dem Weg« befindet. Das in der längeren Zeit absolvierte Training hat Einfluss auf die Qualität der in den Techniken enthaltenen Elemente und Prinzipien des Aikido. Zum Zwecke einer einheitlichen Ausbildung der lizenzierten Prüfer wurden die qualitativen Anforderungen bei Kyu-Prüfungen vom Verfasser entwickelt und von den Technischen  Kommissionen einiger Aikido-Verbände verabschiedet. Die folgende Übersicht gibt wichtige Trainingshinweise und fördert eine gleichmäßige Bewertung der Leistungen durch die eingesetzten Prüfer.



Prüfungsordnung für den 5. Kyu bis 1. Dan Aikido
Die nachfolgende Prüfungsordnung vermittelt einen Gesamteindruck über die in den Fächern Nage- und Katame-Waza gestellten Anforderungen. Alle gekennzeichneten Techniken sind in Abschnitt 6 dieses Buches in einer Ausführungsform behandelt (schwarze Felder = Irimi, graue Felder = Tenkan).
Bei den Prüfungen sind die Techniken beidseitig sowie in den möglichen Positionen (ai-hanmi / gyaku-hanmi) und Prinzipien (Irimi/Tenkan) zu demonstrieren. Mit steigendem Grad sollen auch unterschiedliche Formen des Eingangs beziehungsweise der Neutralisation gezeigt werden. Die Prüfung zum 1. Dan umfasst weitere Fächer (siehe hierzu Abschnitt 10.3).


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10.3

Meistergrade (1. bis 10. Dan)

 

Die wahre Meisterschaft erwächst nicht allein aus der sicheren Beherrschung des Handwerklichen. Meister ist, wer von Meistern und Schülern als solcher erkannt und geachtet wird!

 

Entsprechend ihrer Bedeutung werden Meister-(Dan-)Prüfungen unter Aufsicht und Verantwortung der nationalen Aikido-Verbände durchgeführt. Sie bestellen auch die nach ihrem Regelwerk erforderlichen Prüfer. Der ranghöchste Meister fungiert als Vorsitzender der Prüfungskommission. Im Bereich der anerkannten Aikido-Verbände gilt für die Meistergrade folgende Abstufung:



Die Technik ist nicht Selbstzweck, sondern dient in erster Linie dazu, Charakter und Persönlichkeit des Ausübenden positiv zu entwickeln. Alle Inhalte des Aikido können aber nur dann wirken, wenn sie durch Menschen vorgelebt und über viele Generationen hinweg von selbstlosen Meistern an ihre guten Schüler weitergegeben werden.
Die Aikido-Dane müssen entsprechend ihrem technischen und geistigen Vermögen selbstlose Beiträge zur Entwicklung des Aikido und zur Förderung der Ausübenden leisten. Dabei sollen sie ihre persönlichen Interessen der Sache und der Gemeinschaft unterordnen.

Die Erfüllung aller Pflichten setzt neben der Fachkunde auch bestimmte Charaktereigenschaften und Persönlichkeitswerte voraus. Sie sind in der Prüfungsordnung für Aikido-Dan-Grade verankert und werden in nachstehender Übersicht aufgezeigt:



Beim Studium der in den Prüfungs- und Verfahrensordnungen festgelegten allgemeinen und besonderen Anforderungen kann man sofort feststellen, dass sich die Beurteilungsschwerpunkte mit steigendem Grad zunehmend mehr von der Technik auf die anderen Bereiche verlagern. Dadurch ist auch der gradbezogene Maßstab festgelegt, an dem die Entwicklung des Ausübenden gemessen wird.
Der Charakter eines Menschen zeigt sich in seinen Reaktionen auf wechselnde Umweltbedingungen, insbesondere unter Belastung. Eine gerechte Beurteilung ist nur möglich, wenn man den Aikidoka über längere Zeit in vielen Situationen beobachtet hat.
Dem ständigen Lehrer eines Meisters oder Meisteranwärters muss bei Dan-Prüfungen daher ein gewichtiges Mitspracherecht eingeräumt werden.
Schüler, die das Wesen des Do (Weges) verstanden haben, werden sich ohnehin nicht selbst zu den Prüfungen drängen, sondern abwarten, bis ihr Lehrer in freier Entscheidung eine Teilnahme vorschlägt.
Ausstrahlung, Auftreten und Verhalten des Aikidoka lassen Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zu. Im Rahmen einer belastenden Dan-Prüfung ist ihre angemessene Bewertung durch erfahrene Meister möglich.
Im Fach »Lehrbefähigung« hat der Bewerber eine Aufgabe zu lösen, die mit steigendem Grad immer schwieriger wird. Der zeitliche Umfang und das Niveau der ab 3. Dan im Rahmen einer Lehrprobe zu unterrichtenden Schüler nehmen zu.
Das Prüfungsprogramm für Aikido-Meister ist sehr umfangreich und vielseitig. Es kann an dieser Stelle daher nur in seinen Grundzügen behandelt werden. Interessenten wird ein weiterführendes Studium der entsprechenden Ordnungen empfohlen.
Im Bereich der meisten Aikido-Verbände müssen die Dan-Anwärter theoretische Kenntnisse und praktische Fertigkeiten nachweisen, die in den folgenden Übersichten nach Lernzielbereichen und Fächern aufgeschlüsselt sind:





Hinsichtlich der Bewertung ist dabei von Bedeutung, dass die von den Prüfern vergebenen Punkte nur innerhalb der beiden Gebiete »Theoretische Kenntnisse« und »Praktische Fertigkeiten« ergänzungsfähig sind. Im Endergebnis zählt das arithmetische Mittel der Noten aller Prüfer und Fächer. Ein Austausch von Punkten zwischen den Gebieten ist nicht möglich, so dass der Bewerber sowohl in Theorie als auch in Praxis mindestens ausreichende Leistungen erbringen muss, um die Prüfung zu bestehen. Dadurch werden die Prüfungsanwärter veranlasst, sich gleichermaßen mit den geistigen und praktischen Inhalten des Aikido zu befassen. Die Erfüllung dieser Forderung kann bei einseitiger Veranlagung zwar mit Schwierigkeiten verbunden sein, führt jedoch immer zu einer ausgewogenen Geist-Körper-Bildung. Es lässt sich feststellen, dass den einzelnen Meistergraden oft gleiche Prüfungsfächer zugeordnet sind. Dies darf jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Anforderungen in jedem Fach mit steigendem Grad in quantitativer und qualitativer Hinsicht ständig zunehmen. Diese Progression findet ihren Niederschlag auch in der folgenden Übersicht »Mindestalter und Vorbereitungszeit bei Aikido-Dan-Prüfungen«:



Entsprechend der bereits getroffenen Feststellung, dass Aikido eher ein Weg zur menschlichen Vervollkommnung als eine körperliche Trainingsform ist, steigen auch die allgemeinen Anforderungen wie folgt:

1. Dan Aikido:
Der Anwärter für den 1. Meistergrad muss das Programm für Aikido-Kyu-Grade sicher beherrschen und erkennen lassen, dass er seine Ki einzusetzen versteht. Er muss in der Vorbereitungszeit als Trainer beziehungsweise Assistent bei einem Aikido-Dan in der Anfängerausbildung tätig gewesen sein.

2. Dan Aikido:
Der Anwärter auf den 2. Meistergrad muss eine zunehmende technische Reife und Vielseitigkeit erkennen lassen. Er muss während der Vorbereitungszeit eigenverantwortlicher Übungsleiter in der Anfängerausbildung gewesen sein.

3. Dan Aikido:
Der Anwärter muss alle bisherigen Aikido-Techniken auch in starker Form (Kakari-Geiko) sicher beherrschen und die geistigen Prinzipien des Aikido umfassend interpretieren können. Er muss während der Vorbereitungszeit einen eigenen Aikido-Verein oder eine eigene Aikido-Abteilung verantwortlich geleitet haben.

4. Dan Aikido:
Der Anwärter muss auf nationaler Ebene hohes Niveau und Ansehen besitzen und Aktivitäten entwickelt haben, die der nationalen Verbreitung des Aikido förderlich waren. Seine positiven Persönlichkeitsmerkmale müssen ausgeprägt und seine Charaktereigenschaften ohne Tadel sein.

5. Dan Aikido:
Der Anwärter muss auf internationaler Ebene hohes Niveau und Ansehen besitzen und Aktivitäten entwickelt haben, die der internationalen Verbreitung des Aikido förderlich waren. Er muss nach Charakter, Haltung und Leistung ein Vorbild für die Aikidoka sein.

Bei allen Dan-Prüfungen werden – wie bei den Kyu-Graden – Alter, Geschlecht und physische Konstitution des Bewerbers angemessen berücksichtigt.
So weit keine krankheitsbedingten Behinderungen vorliegen, erbringen auch ältere Aikidoka bei Prüfungen häufig gute Leistungen. Sie verfügen insbesondere über eine langjährige Erfahrung und die daraus resultierende Intuition, bereiten sich sehr sorgfältig vor und setzen ihre körperlichen und geistigen Kräfte koordiniert und ökonomisch ein. Nicht zuletzt beherrschen diese Aikidoka ein Repertoire an wirksamen Techniken und die Kunst der richtigen Atmung und vollkommenen Entspannung. Sie können ihre Kräfte auch in kurzen Pausen, wie sie bei Prüfungen und Lehrgängen immer auftreten, optimal regenerieren. Schon mancher übermütige junge Aikidoka hat bei Lehrgängen verblüfft feststellen müssen, dass der Umgang mit seinem erheblich älteren Partner gar nicht so leicht war, wie er es sich vorgestellt hatte. Eine sicher für beide Seiten nützliche Erfahrung!
In den letzten Jahren begannen immer mehr Kinder mit dem Studium des Aikido. Sie sind oft sehr trainingsfleißig und erwerben aufgrund ihrer Leistungen bereits mit 14 Jahren den 1. Kyu Aikido (brauner Gürtel). Diese Ausübenden können in einigen Fachverbänden mit 16 Jahren eine Prüfung zum »Jugenddan« ablegen. Geprüft werden dabei nur die für den 1. Dan vorgeschriebenen praktischen Fertigkeiten. Die bei dieser Prüfung ausgenommenen »Theoretischen Kenntnisse« sind bei Vollendung des 18. Lebensjahres nachzuweisen. Durch hervorragende Ergebnisse bei den bisherigen Prüfungen fand sich die Richtigkeit dieser im Interesse der Jugend und des Aikido liegenden Maßnahme bestätigt.
Man kann davon ausgehen, dass ein 5. Dan die Technik des Aikido in Vollendung beherrscht. Es ist daher nicht mehr erforderlich, seine Fertigkeiten im Umgang mit den »Werkzeugen« zu überprüfen.
Das Ergebnis des Wirkens dieser Meister sowie ihre charakterlichen Qualitäten und Persönlichkeitswerte sind ohnehin weit über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus bekannt. Sie sind in der Regel geachtete Repräsentanten und vorbildliche Botschafter des Aikido, potenzieren sich in vielen guten Schülern und leisten anerkannte Beiträge zur Erhaltung des klassischen Aikido als Weg des Friedens und der Völkerverständigung. Bei formalen Prüfungen könnten die Leistungen und das Format dieser Meister nicht gerecht beurteilt werden. Ab 6. Dan Aikido wird daher folgerichtig auf ihre Durchführung verzichtet. Dieser und die höheren Grade werden von den nationalen Verbänden auf Vorschlag ihrer Technischen Kommission - sie besteht aus den ranghöchsten Meistern der Verbände - verliehen und im Rahmen nationaler Lehrgänge vor den teilnehmenden Aikidoka feierlich überreicht.

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