Ausblick - T'ai Chi Ch'uan (Yang-Stil) in Lübeck und klassisches Aikido

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Ausblick

Wir sind alle auf dem Weg!

Der Weg des Aiki ist natürlich und einfach. Gerade darin sind jedoch alle Schwierigkeiten begründet, die wohl jeder Mensch beim intensiven Studium hat. Wenn ein Ausübender die Elemente und Techniken des Aikido zufriedenstellend beherrscht, ist er nicht am Ende des Studiums, sondern hat nur die Voraussetzungen für einen neuen Anfang geschaffen.
Diese Methode des Fortschrittes durch Bewältigung von Teilaufgaben ist hilfreich und verwirrend zugleich. Hilfreich, weil sie dem Aikidoka nur solche Probleme zur Lösung anbietet, die seinem persönlichen Leistungsvermögen angemessen sind. Er vermag sie zu meistern, ist mit Zuversicht erfüllt und für den neuen Anfang motiviert. Es wird ihm aber auch deutlich, dass es im Aikido keinen Leistungswettbewerb gibt, denn sein Fortschritt wird nicht absolut oder am Vermögen anderer Menschen gemessen - eine in der heutigen Zeit sicher wohltuende Tatsache.
Verwirrend ist die Methode, weil der suchende Aikidoka bald erkennt, dass er zwar immer tiefer in die Geheimnisse des »harmonischen Weges« eindringen kann, sie aber niemals ganz auszuloten vermag. Diese Tatsache zwingt bald zur Besinnung und führt zur meisterlichen Tugend der Bescheidenheit. Das im Verlauf des Studiums ständig steigende technische Niveau und die damit in der Regel verbundene umfassendere Kenntnis der geistigen Inhalte des Aikido sind eine Verpflichtung. Wer als Meister kein Verständnis mehr für die Probleme und Schwierigkeiten eines bemühten Schülers aufbringt oder der selbstlosen Hingabe unfähig ist, hat Wesen und Ziel des Aikido nicht verstanden.
Aikido unterscheidet sich durch seine Methoden und gewaltfreien Aktionen sehr wesentlich von anderen Kampfkünsten. Bei allem Streben nach wertvollen geistigen Erkenntnissen darf man jedoch niemals vergessen, dass es vom Ursprung und Wesen her ein System der Selbstverteidigung ohne Waffen ist. Im praktischen Training muss daher die wirksame Abwehr realistischer Angriffe absoluten Vorrang haben.
Voraussetzung für den Erfolg ist eine auf langer und ernsthafter Übung basierende, von geistiger Stärke und körperlicher Gewandtheit getragene reflexartige Reaktion.
Von großer Bedeutung ist ferner die Tatsache, dass im Ernstfall nur die sichere Beherrschung eines geschlossenen Systems und niemals die kurzzeitig geübte Einzeltechnik nützlich sein kann. Der Interessent findet im Aikido daher zwar einen vollkommenen, aber keinen schnellen Weg der Selbstverteidigung. Dies sei deutlich gesagt, um Enttäuschungen vorzubeugen.
Aufgrund seiner geistigen, philosophischen und erzieherischen Inhalte wird Aikido besonders jene Menschen begeistern, die rücksichtslose Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung ablehnen und an den Sieg der Liebe über das Böse glauben.
Da alle aufrichtigen Schüler und Meister nicht wollen, dass Aikido entweder nur von einer elitären Minderheit in exklusiven Zirkeln betrieben oder zu einer primitiven Kampfkunst erniedrigt wird, müssen sie sich ständig um die Erhaltung und Verbreitung seiner wertvollen Inhalte bemühen. Die beste Werbung für diesen »harmonischen Weg« ist das vorbildliche Verhalten der Aikidoka in allen Bereichen ihres Lebens!

Auf den vorstehenden Seiten habe ich mich aufrichtig bemüht, den Leser mit den Lehren und Techniken des klassischen Aikido vertraut zu machen, das meiner Ansicht nach ein bedeutendes System zur menschlichen Vervollkommnung ist. Die erschöpfende Behandlung aller geistigen Grundlagen und praktischen Inhalte des Aikido sowie der Methoden ihrer Vermittlung war in diesem Buch nicht möglich. Das große Gebiet der Anwendung des Aikido zur Abwehr bewaffneter Angreifer sowie die Verkettungen und besonderen Übungsformen können von anderen Meistern ausführlich behandelt werden, wenn das Interesse der Aikidoka dies rechtfertigt.
Die seit der Erstausgabe des Buches verkauften 72.412 Exemplare sowie die Veröffentlichungen in dänischer, russischer und rumänischer Sprache und die  vielen positiven Rückmeldungen von Menschen, die durch das Buch zum Aikido gefunden haben oder denen es auf ihrem Weg zu nützlichen Erkenntnissen verholfen hat, berechtigen zu der Feststellung, dass die mit der Abfassung verfolgten Absichten zum größten Teil erreicht wurden. Darüber bin ich als Mensch und Aikido-Meister gleichermaßen glücklich.
Meine Kritiker darf ich daran erinnern, dass in einem Mosaik auch ein kleines Steinchen seine Bedeutung hat.
Letztlich stelle ich fest, dass die intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten des Buches meine persönliche Entwicklung im Sinne des Weges gefördert hat.
Der von allen aufrichtigen Schülern in der ganzen Welt verehrte Begründer des Aikido, O Sensei Morihei Ueshiba, hat uns ein Erbe von unschätzbarem Wert hinterlassen. Er stellte fest:
»Es gibt keine Geheimlehren; der wahre Fortschritt wird nur durch die beharrliche Arbeit an sich selbst erreicht!« Ich hoffe und wünsche, dass in allen Generationen vorbildliche Aikido-Meister leben und wirken.